Wir warten nicht ab“
25.10.18
Olaf Lies, Niedersächsischer Umweltminister, hört sich in Linsburg die Sorgen der Bürger an. An diesem Abend vermittelt er mehr, als dass er informieren kann.
Linsburg - Von Hartmut Grulke. Der Wolf im Landkreis Nienburg, in den Medien präsent und viel diskutiert, spaltet die Bevölkerung in Befürworter und Gegner. Für die einen ist seine Rückkehr eine Bereicherung der biologischen Vielfalt – für die anderen die unüberlegte Aufnahme eines gefährlichen Raubtieres, welches in unserer dicht besiedelten Region keine Daseinsberechtigung hat.
In der Diskussion treffen immer wieder Fakten auf Halbwissen, Polemik und „Fake News“ rings um den Canis lupus. Das Wolfsbüro im NLWKN (Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz) hatte deswegen jetzt zu einer Infoveranstaltung geladen. Mit dabei: Umweltminister Olaf Lies.
Knapp 200 interessierte Bürger folgten der Einladung ins Dorfgemeinschaftshaus Linsburg. Mit dabei waren politische Vertreter aus den betroffenen Gemeinden, Berufs- und Hobby-Nutztierhalter sowie Mitarbeiterinnen aus Waldkindergärten. Jeder sollte im Anschluss an Lies‘ Vortrag die Möglichkeit bekommen, Fragen zu stellen, eigene Wolfs-Erfahrungen zu teilen oder einfach nur seinen Sorgen Ausdruck zu verleihen. Der Minister hörte geduldig zu, signalisierte Verständnis und antwortete sachlich, teilweise nach Rücksprache mit seinem Fachteam.
Anwohner: Wolf hat jegliche Scheu abgelegt
Das Argument, der Wolf stelle keine Gefahr für den Menschen dar, wollten viele im Saal nicht gelten lassen. Einzelne Tiere und auch Rudel, insbesondere im Bereich Rodewald, hätten jegliche Scheu gegenüber dem Menschen abgelegt, so die Meinungen der Anwohner.
Wolfsrisse erfolgten in jüngster Zeit nicht nur auf abgelegenen Weideflächen, sondern auch direkt an bäuerlichen Anwesen. Das Blut gerissener Schafe sei an der Hauswand zu sehen gewesen, führte ein Schafhalter an. Ein anderer berichtete, dass er sich bis auf sechs Meter einem Rudel nähern konnte, ohne dass die Wölfe davonliefen. Ähnliche Schilderungen folgten nun querbeet.
Knut Hallmann, Samtgemeindebürgermeister in Steimbke, sprach von der schwierigen Situation, in der er und andere Verantwortliche sich befänden, wenn es um Entscheidungen bezüglich der Fortführung des Waldkindergartens ginge. Ein pädagogisches Arbeiten mit Kleinkindern im Wald sei quasi nicht mehr möglich, sorgte sich die Leiterin der Einrichtung. Sie habe das Gefühl, dass das Wohlergehen der Wölfe über das der Kinder gestellt würde.
Minister Lies appellierte noch einmal an die durch Wolfsrisse geschädigten Tierhalter, alle Schadensfälle zeitnah zu melden. Wenn durch Frust oder der Einstellung einzelner, „dass sowieso nichts passiert“, Informationen bei ihm nicht ankämen, könne er auch nicht reagieren. Für einen Schmunzler im Saal sorgte die Biologin Verena Harms vom Wolfsbüro. Sie sagte, dass der Sicherheitszaun um einen Waldkindergarten vor allem das Sicherheitsgefühl der Eltern verbessern solle.
Während Kreislandwirt Tobias Göckeritz den Verdacht äußerte, dass viele Informationen den Minister überhaupt nicht erreichen würden und ihm zurief, dafür zu sorgen, „dass der Filter aus Ihrem Haus rauskommt“, bemängelte Hegeringsleiter Dieter Knust, dass dem Wolf keine Grenzen aufgezeigt würden. Eine Vergrämung wäre derzeit praktisch und rechtlich unmöglich.
Lies: Entscheidungen dauern zu lange
Jäger Heidemann betonte: „Nicht der Wolf ist bei uns der König der Wälder, sondern der Hirsch.“ Das Raubtier solle auf Gebiete begrenzt werden, wo er weder eine Gefahr darstellt, noch größeren Schaden anrichten kann. Im Verlauf des Abends musste Olaf Lies mehr reagieren, als dass er informieren konnte. Er versuchte, Verständnis zu wecken für die politische und rechtliche Situation. „Wir sollten nicht nach Brüssel sehen, was alles nicht erlaubt ist, sondern nach Berlin, was machbar ist. Wir warten auch nicht ab, bis was passiert ist, sondern arbeiten daran, dass nichts passiert.“
Auf den Vorhalt, dass politische Entscheidungen und Gesetzesvorlagen zu lange dauern, gab Lies zu: „Ja, das stimmt.“ Der Umweltminister sagte zu, die Ängste der Bevölkerung ernst zu nehmen und die an diesem Abend vorgetragenen Anregungen in Hannover zu diskutieren.
Quelle: www.kreiszeitung.de
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Schmidt